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Der Wortschatz bleibt,
aber die Kreativität ging verloren

Die Dialekte sterben nicht aus

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Die Dialekte sterben nicht aus
Artikel aus dem
"Neuen Volksblatt"
Mo., 8. Oktober 1984



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Artikel zu Franz Stelzhamer


Die Mundarten sind nicht ausgestorben. Vielmehr werden, so zeigen Forschungen, die Wissenschafter des Germanistischen Instituts der Universität Wien im Innviertel durchgeführt haben, heute mehr Dialekte gesprochen als früher. Darüber hinaus hat sich gezeigt, daß Bauern und Handwerker neben ihrem Dialekt meist auch die Verkehrs-, Umgangs- oder Standardsprache beherrschen.

Wie Univ.-Prof. Dr. Peter Wiesinger vom Germanistischen Institut dazu feststellt, werden heutzutage keine reinen Mundarten mehr gesprochen. "Dialekte stehen in reger Wechselbeziehung zur Hochsprache. Der Dialektwortschatz eines österreichischen Bauern oder Handwerkers umfaßt 8000 bis 12.000 Wörter. Dieser Wortschatz ist vollkommen ausreichend. Das Wortinventar der deutschen Hochsprache wird auf 300.000 bis 400.000 Worte geschätzt." Wie der Germanist weiters herausgefunden hat, gehen Teile des Fachwortschatzes der Dialekte zwar verloren, dieser natürliche Wortschwund wird jedoch durch die Aufnahme neuer Begriffe wettgemacht. "Bei den neuen Worten handelt es sich vorwiegend um Bezeichnungen für Gegenstände, die den Mundartsprechern früher nicht bekannt waren. Dabei mangelt es den Handwerkern oder Bauem meist an Kreativität. Neue Bezeichnungen werden aus der Hochsprache in der Regel unverändert übernommen."

Der Einfluß des Fernsehens oder Rundfunks auf die tatsächliche Sprachgebung aber, so die Wissenschafter, werde meist überbewertet. Dagegen könne in der Dialektforschung beobachtet werden, daß der Fremdenverkehr den Dialekt stark beeinflußt. In vielen Gebieten werde .für die "Semmel" bereIts die in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung "Brötchen" verwendet, behauptet Prof. WiesInger.

Beitrag aus dem Volksblatt vom Montag, dem 8. Oktober 1984