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Kronen Zeitung,
Krone bunt vom 27.03.2016
Autor: Roland Girtler
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Stelzhamer
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Als vagabundierender Kulturwissenschafter spaziere ich mit meiner Dackeldame „Hera Xanthippe" in Linz auf der Landstraße von der Mozartkreuzung kommend. Ich betrete den aus dem 17. Jahrhundert stammenden Ursulinenhof, dessen Baustil noch an das ehemalige Kloster erinnert. Heute ist das Gebäude ein Kulturzentrum. In dem ich zu einer Veranstaltung des Stelzhamerbundes eingeladen bin. Dieser im Jahre 1882 in Wien gegründete Bund ist nach Franz Stelzhamer. dem wohl bekanntesten Mundartdichter des süddeutschen Sprachraumes. benannt. Von Stelzhamer stammt die schöne oberösterreichische Landeshymne.
Präsident des Stelzhamerbundes ist mein Freund Professor Klaus Huber, der u. a. durch Volkskultursendungen im österreichischen Fernsehen viel Ansehen erworben hat. Ich gehe mit meinem Hund in den 1. Stock des Ursulinenhofes, in dem die Mitglieder des Stelzhamerbundes heute tagen. Auf dem Gang hält uns ein Herr, der mit der Aufsicht im Gebäude betraut ist, auf. Er blickt streng auf den Dackel und meint, ein Hund dürfe in den Ursulinenhof nicht mitgenommen werden. Freundlich sage ich dem gestrengen Herrn, dass ich zu einem Treffen des Stelzhamerbundes eingeladen bin und dass Franz Stelzhamer sich sehr kränken würde, wenn er wüsste, dass ein Hund dieses Haus nicht betreten dürfe. Ich erkläre ihm weiter, dass der Hund in der Landeshymne, die ja Franz Stelzhammer in Mundart gedichtet hat, eine wesentliche Rolle spielt, denn in der ersten Strophe heißt es:
„Hoamatland, Hoamatland!
han di so gern
Wiar a Kinderl sein Muader,
A Hünderl(!) sein Herrn.“
Franz Stelzhamer hatte offenbar Sympathien für Hunde
Der Aufseher denkt kurz über mein Argument nach, sieht es für richtig an, nickt und lässt meinen Hund und mich passieren.
Im Kreise der Mitglieder vom Stelzhamerbund erlebe ich einen schönen Nachmittag beim Zuhören von Gedichten und Liedern in Mundart, vorgetragen von lieben jungen Mädchen, und einer Schilderung des bekannten Mundartdichters Joschi Anzinger. der u. a. das Nibelungenlied in Mundart nachgedichtet hat - ganz im Sinne Franz Stelzhamers.
Franz Stelzhamer wurde 1802 als Sohn von Kleinbauern in Großpiesenham am Rande des Innviertels geboren. Nach dem Wunsch seiner Eltern sollte er studieren. Er besuchte das Akademische Gymnasium in Salzburg, dann studierte er in Graz und Wien Rechtswissenschaft, doch wie viele andere große Geister, unter ihnen Adalbert Stifter, hatte er mit dem Studium der Jurisprudenz keine Freude und gab es auf. Auf Wunsch seines Vaters begann er schließlich mit dem Studium der Theologie in Linz. Er sollte also Pfarrer werden. Doch dies behagte Franz Stelzhamer auch nicht. Als er bei einer theologischen Prüfung eine ketzerische Antwort gab, wurde er gerügt – er kehrte nun der geistlichen Wissenschaft auch dem Rücken zu.
Sein „Sprung aus der Kutte", wie es über Stelzhamer heißt, führte zu einem jahrelangen Besuchsverbot im Elternhaus. Nun begann für Franz Stelzhamer ein unstetes Wanderleben, er trat in Passau bei einer Wandertruppe von Schauspielern auf und begann in Mundart zu dichten. In Wien fand er einen Verleger, der seine „Lieder in obderennsscher Mundart“ 1837 herausbrachte (ob der Enns = Oberösterreich). Nun begann Franz Stelzhamers Karriere. In Wien trug er viele Male seine poetischen mundartlichen Gedichte vor. Das Wiener Publikum war begeistert. Er lernte Franz Grillparzer, Nikolaus Lenau und Adalbert Stifter kennen. Bald trat er in Linz, Salzburg und auch in München auf. Er wurde als Mundartdichter gefeiert. Herzog Max in Baiern und Kaiser Franz Josef zeichneten ihn durch goldenen Medaillen aus. Franz Stelzhamer gibt in einer Reihe seiner Gedichte einen wunderbaren Einblick in die vergangene bäuerliche Kultur unserer Heimat. Er starb 1874 in der Nähe von Salzburg.
Ich wünsche Klaus Huber, seiner lieben Frau Christine. Joschi Anzinger und allen Mitgliedern des Stelzhamerbundes- aber auch der Aufsichtsperson im Ursulinenhof das Beste und ziehe weiter.
Autor: Roland Girtler
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