Hörbstzeitlosn Gedichte in oberösterreichischer Mundart von Hans Schnopfhagen
Hans Schnopfhagen (1845 - 1908), Schuldirektor, St. Veiter Lokalpolitiker, Leiter einer Gesangsschule, eines Liederkranzes, einer Musikkapelle, Komponist und Volksbildner, verfasste auch Mundartgedichte. Einige veröffentlichte er in den Jahren zwischen 1895 und 1897 im Volksboten, der Zeitschrift des Oberösterreichischen Volksbildungsvereins. Nach 1896 legte er eine handschriftliche Sammlung an, in der er Gedichte, die in den Jahren 1892 bis 1896 entstanden waren, zusammenfasste. Der schmale Band befand sich im Besitz von Frau Ilse Greutter Schnopfhagen, einer Enkelin des Komponisten, und wurde vor etlichen Jahren Herrn Felix Viertbauer vom Liederkranz Oberneukirchen übergeben.
Das 75 handgeschriebene Seiten umfassende Büchlein im Format 14 x 19cm weist insgesamt 26 Gedichte auf, wobei die letzten vier, die die Seiten 63 bis 75 füllen, nur flüchtig aufgesetzt und nicht ausgefeilt sind. Auch die Titel dieser Gedichte: Ein Gedicht aus die 70 Jahrl von Hans Schnopfhagen, Gesang der Wahrheit, Grüaß enk Gott Herrn und Fraun, Himmel und Höll sind nicht besonders hervorgehoben.
Die Reihung der Gedichte erfolgte nach inhaltlichen Gesichtspunkten und nicht chronologisch nach den Entstehungszeiten. Auf den Seiten 1 62 sind 22 Gedichte in Kurrentschrift niedergeschrieben, die Titel wurden durch Lateinschrift hervorgehoben. Drei Gedichte, das Mühlviertlá Motto, der Mühlviertlá Wachtlschlag und DChinsesá sind mit einer Komposition versehen.
August Commenda spricht von einem Notizbüchlein Eigenbau, aus dem Hans Schnopfhagen bei seinen Heimatabenden Kostproben zum Besten gab. Meist von seinen Söhnen oder Hans Zötl begleitet, besuchte er verschiedene Orte des Mühlviertels wie Hellmonsödt, Zwettl, Leonfelden oder Traberg und veranstaltete für die einheimische Bevölkerung gesellige Abende. Durch Vorträge zu Themen wie Landwirtschaft, Obstbau und Kindererziehung wurde praktisches Wissen vermittelt, im Anschluss daran vereinte gemeinsames Singen oder der Vortrag von Mundartgedichten die versammelten Zuhörer.
Daraus ergibt sich auch die Eigenart der Gedichte. Die Pointe, die die Dorfbewohner sicherlich mit Spannung und Neugier erwartet haben, ist meist am Schluss gesetzt. Sprachmelodie und Rhythmus werden durch Mundart und Reim verstärkt. Die Mundartgedichte Schnopfhagens sollen eigentlich nicht gelesen, sondern durch lebendigen und ausdrucksstarken Vortrag vermittelt werden.
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Hans Schnopfhagens engste Wahl: Franz Stelzhamer und Norbert Hanrieder
Mit Hans Zötl teilte Hans Schnopfhagen die Verehrung Franz Stelzhamers und unterstützte weitgehend die Arbeit im Stelzhamerbund. Bei der Besprechung des Liederteiles des 1. Bandes der Reihe Aus dá ´Hoamát wurde durch Zufall und spontanen Entschluss eine Melodie Schnopfhagens mit dem Stelzhamergedicht Hoamatgsang verbunden. Das Lied fand rasche Verbreitung und erlangte Gültigkeit als Landeshymne. Hans Schnopfhagen vertonte Stelzhamergedichte , wirkte bei der großen Feier am Hansberg zum 100. Geburtstag des Dichters mit und trug Stelzhamertexte bei Heimatabenden vor.
Auch Schnopfhagens Mundartdichtungen sind von Stelzhamer beeinflusst. Schon im Titel Hörbstzeitlosn Gedichte in der oberösterreichischen Mundart führt er den Dialekt als entscheidendes Merkmal der Texte an, wie es auch Stelzhamer in seinen Lyriksammlungen getan hat. Die vierzeilige Strophe, bei der sich die geraden Verse reimen, wird von beiden bevorzugt. Frei nach dem Stelzhamerepos DAhnl wird eine ähnliche Gestalt auch in einem Gedicht übernommen. In dem als Gedicht bearbeiteten Märchen Wögn was DAhnl nöt schreiben kann steht diese der (damals) modernen Zeit skeptisch gegenüber.
Die tiefe Verehrung für Norbert Hanrieder drückt sich in der Widmung des ersten Gedichts, des Mühlviertlá Mottos aus: Dem liebenswürdigen Dichter der herrlichen Bilder aus dem Volksleben des Mühlviertels Hochwürden Herrn Pfarrer Hanrieder in größter Hochachtung und Verehrung gewidmet. Aus dieser Zueignung lässt sich auch die inhaltliche Linie der Gedichte ableiten. Die Mühlviertler Lebenswelt, der selbst erfahrene Alltag wird gestaltet.
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Mühlviertler Eigenart
Kernig und frisch, an Eigenschaften ein reelles Mittelmaß so wird der Mühlviertler in dem vorangestellten Motto charakterisiert. Die ersten und letzten Verse jeder Strophe des Mühlviertlá Wachtlschlags werden jeweils eingeleitet durch den anmutigen Vogelruf. Was in anderen Orten gerühmt und geschätzt wird, wird im Mühlviertel bei weitem überboten. Denn zum köstlichen Trunk zum Beispiel gehören Mut und Lebensfreude.
Pimpáling! z' Alkofn, z Oftáring
Wachst wohl á Möstl hauptguát;
Abá zán Trinká fáhlt dort oa Ding,
Pimpáling! gelts, unsá Muath.
Pimpáling! in Klostá Wilháring
Trinkt má án köstlingá Wein;
Abá so lusti, wia da herin´,
Pimpáling! derf ma nöt sein.
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Stammbuchtexte
Hans Schnopfhagen war Vater von elf Kindern, zwei lebten nur wenige Monate, der jüngste Sohn starb im Alter von zwölf Jahren. Vier der Söhne absolvierten ein akademisches Studium, eine Tochter orientierte sich am Leitbild des Vaters und ergriff den Lehrberuf. Die wertorientierte Erziehung trug dazu bei, dass sich alle im Leben bestens bewährten. Am 12. April 1895 schrieb er seiner Tochter Franziska ins Stammbuch, sie solle sich in den Stürmen des Lebens oder Stunden der Einsamkeit und des Verlassenseins ein reines Herz, Abscheu vor dem Bösen, Nächstenliebe, Gottvertrauen und Pflichtgefühl bewahren.
Ja, glaub más liabs Dirndl,
Oft wird alls wiáda recht!
In die Hauschronik auf Schloss Lichtenau bei Haslach trug er seinen Dank ein für gastliche Aufnahme und reichliche Bewirtung und verband diesen mit Segenswünschen für die Familie des Schlossherrn.
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Naturerleben
Ein Bild von Waldeseinsamkeit und morgendlichem Erwachen der Natur bringt der Text Waldfreund. Die aufgehende Sonne und der sprudelnde Bach tragen zur Stimmung bei, allmählich erwachen die Vögel. In das einsetzende Vogelquartett von Amsel, Star, Gimpel und vom Raben, denen Diskant, zweite Stimme, Bariton und Bass zugeordnet werden, fallen schließlich alle Lebewesen des Waldes ein, sodass es in der Schlussstrophe heißt:
Drum bhaupt i:"s gibt koa größere Freud,
Als einizgehn in Wald
Und trauri iss um den wohl bstöllt
dems Waldlöbn halt nöt gfallt."
Um die Schönheiten, die die Natur dem Menschen bietet, geht es im Gedicht sSchenstö. Der Himmel mit Sonne und Sternen, die Erde mit Bergen, Seen und Blumenwiesen erfreuen den Betrachter. Der Blick eines Kindes stellt aber die letzte Steigerung an Schönheit und Glück dar:
Dá Blick vá so án Kindál
Iss Alláschenstö gwiß
Weil in eahm Erd und Himmel
Und ´s ganzö Glück nu is!
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Bilder aus dem Mühlviertler Leben
Für die Lebensweisheit Oamal is koamal werden originelle Beispiele gefunden, bis die Einzigartigkeit einer Situation die Pointe bildet:
Obá oa Bussál, das gschmöckt hat,
Oa Bussál macht viel.
Da guat Kerl wird schon in der Volksschule üabl gwixt und von den anderen übervorteilt und ausgenützt. In einem letzten, recht drastischen Beispiel wird er schließlich als blitzdumm hingestellt, da er es nie verstanden hat, seine Meinung und seinen Willen durchzusetzen. Recht humorvoll ist der Schluss des kurzen Gedichtes A glückligi Eh. Der Umstand, dass in fünf Jahren kein Streit die Partner entzweite, ist nur darauf zurückzuführen, dass sie in verschiedenen Orten lebten.
Dass der in Gemeinde und Region aktive Schulleiter nicht immer die Bewohner für seine Gründungen und Unternehmungen motivieren konnte, zeigt das Gedicht DChinesá. Der Chinese mit Zopf steht für das Rückwärtsgewandte, Gestrige und steht allen Neuerungen ablehnend gegenüber. Auch in der vertrauten Umgebung begegnet Hans Schnopfhagen ähnlichen Einstellungen. Ohne Erfolg wirbt er für die Teilnahme an einem Fortbildungskurs, die Mitgliedschaft im Gesangsverein oder bei der Feuerwehr. Nach anfänglichem Zögern erhält er lauter Absagen.
Ein realistisches Bild bitterer Weberarmut wird in dem Text Dá Luagflori bán Gricht mit äußerst knappen Mitteln gezeichnet:
A Goas hat á wohl in sein Stall,
Is abá áh zán Umfalln schon bal
Und kann nöt gnua Mülli herbringá
Für eahm, sei Wei und acht Kindá.
D´Wöbárei tragt hiazt viel zweng zán Löbn
Und zviel zán Dahungan halt öbn.
Dazua is sei Wei üabl krank,
Da wird halt in Flori aft bang.
Er kann eine Gerichtsgebühr nicht bezahlen und stößt nur auf Unverständnis und Intoleranz. Der Text bleibt offen, auch der schwarze Humor der letzten Strophe kann daran nichts ändern.
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Sagen und Märchen der Region
Den Abschluss der Sammlung bilden drei Gedichte, die Lokaltraditionen aufgreifen. Wo liegt dá Hund begrabn? bezieht sich auf die St. Veiter Überlieferung vom Lieblingshund Sigmund Hagers, der ihn durch seine Wachsamkeit vor den herannahenden Feinden rettete. Die Sage vom Bau des Marktes Oberneukirchen und der Kirche behandelt der Text Bá dá altn Kirá. Zur Aufbauarbeit früherer Generationen kommt Reichtum durch Leinwandhandel. Den Schluss bildet die bürgerliche Moral, dass Frömmigkeit und Arbeit den größten Fluch in Glück und Segen verwandeln.
Ja, s Betn, d´Müah und d Arbeit
Dö bringán gar viel zwögn
Den ärgstá Fluach vakehrn´s oft
In lauta Glück und Sögn.
Wögn was dAhnl nöt schreibn kann ist ein Märchen von Baumbach in Gedichtform. Die Zeiten, in denen die Urgroßmutter nur deshalb den Verfolgungen des Teufels entging, weil sie sich in sein Buch mit drei Kreuzeln eintrug, sind vorbei. Lernen, auch wenn es manchmal mühevoll ist, ist angesagt.
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Präsentation in Buchform
Ernst und Humor sind Perspektiven der Gestaltung, in der leicht fassbaren Moral mancher Gedichte wird die erzieherische Komponente spürbar. Bilder des alltäglichen Lebens regen zum Nachdenken und Miterleben ein.
Im neuen Schnopfhagen Museum Oberneukirchen, das in Verbindung mit einer Musikschule und Probenräumen für Liederkranz und Musikkapelle eine Begegnung mit dem Komponisten und Mundartdichter vermittelt, werden die Gedichte der Sammlung Hörbstzeitlosn neben dem handgeschriebenen Original in Buchform präsentiert. Der Besucher hat die Möglichkeit, zu blättern, zu wählen, zu lesen und sich persönlich mit der Erlebniswelt der Mundartgedichte Hans Schnopfhagens auseinander zu setzen.
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